Langzeitspeicher gelten als Schlüsselelement einer klimaneutralen Energieversorgung. Sie nehmen Energie in Zeiten des Überschusses auf und stellen sie zeitversetzt wieder zur Verfügung – auch über Tage, Wochen oder saisonale Schwankungen hinweg. Dadurch unterstützen sie insbesondere die Integration erneuerbarer Energien ins Energiesystem. Unterschieden wird zwischen elektrischen, thermischen und chemischen Speicherformen, die jeweils für unterschiedliche Anwendungen geeignet sind.
Bedeutung und Funktion von Langzeitspeichern
Während Kurzzeitspeicher wie Lithium-Ionen-Batterien innerhalb weniger Stunden entladen werden, zielen Langzeitspeicher auf Zeiträume ab, in denen Energieerzeugung und -bedarf über Tage oder sogar Monate auseinanderfallen. Dies ist etwa im Winter bei Photovoltaikanlagen der Fall, wenn die Stromproduktion sinkt, der Verbrauch jedoch hoch bleibt. Ohne Speicherlösungen müssten solche Lücken durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden.
Langzeitspeicher helfen, dieses strukturelle Ungleichgewicht auszugleichen. Sie erhöhen die Versorgungssicherheit, reduzieren Abregelungsverluste und leisten einen Beitrag zur Dekarbonisierung, insbesondere im Industriesektor.
Arten von Langzeitspeichern
Je nach Form der gespeicherten Energie und der eingesetzten Technologie lassen sich verschiedene Speicherarten unterscheiden.
Thermische Langzeitspeicher
Thermische Speicher nutzen Wärme als Energiespeicherform. In industriellen Anwendungen können sie Abwärme aufnehmen oder erneuerbar erzeugte Wärme zwischenspeichern – etwa aus Power-to-Heat-Prozessen. Diese Systeme kommen in der Prozesswärmeversorgung, Fernwärme oder in Kombination mit Solarthermieanlagen zum Einsatz. Ein typischer thermischer Langzeitspeicher basiert auf Gestein, Salz, Beton oder Flüssigmedien und kann Wärme über mehrere Tage bis Monate nahezu verlustfrei halten.
Chemische Langzeitspeicher: Wasserstoff
Wasserstoff lässt sich mithilfe von Elektrolyse aus erneuerbarem Strom erzeugen und über längere Zeiträume speichern – entweder gasförmig, unter Druck, in Kavernen oder in chemisch gebundener Form. Bei Bedarf kann er zurückverstromt oder in industriellen Prozessen direkt eingesetzt werden. Damit ist Wasserstoff ein potenzieller Langzeitspeicher für Strom und Wärme gleichermaßen. Aufgrund der Umwandlungsverluste liegt der Fokus derzeit auf Anwendungen, in denen kein Rückverstromen notwendig ist.
Wasserstoffbasierte Speicher gelten daher auch als saisonale Stromspeicher, weil sie größere Energiemengen über Wochen oder Monate hinweg verfügbar halten können – ein Vorteil gegenüber Batterien oder anderen kurzfristigen Speicherformen. Die Kosten für Wasserstoff-Langzeitspeicher sind im Vergleich zu anderen Technologien derzeit noch hoch. Allerdings sinken die Preise mit zunehmendem Markthochlauf und Technologiefortschritt.
Elektrische Speicher: Strom direkt speichern
Elektrische Langzeitspeicher speichern Strom in Form von elektrischer Energie oder wandeln ihn in eine andere Energieform um. Pumpspeicherkraftwerke zählen zu den ältesten Speichertechnologien, bieten aber nur begrenztes Potenzial zur Erweiterung. Auch Druckluftspeicher (CAES) und Schwungräder kommen in Einzelfällen zum Einsatz.
Anwendungen von Langzeitspeichern im industriellen Umfeld
Industrieunternehmen mit hohem Wärmebedarf profitieren besonders von Langzeitspeichern. Sie können Strom aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen in Phasen niedriger Netzlast günstig nutzen und in Wärme umwandeln. Diese Wärme wird dann im Speicher bevorratet und bedarfsgerecht wieder abgegeben – etwa als Prozessdampf oder Heißluft. Damit lässt sich nicht nur der CO₂-Ausstoß senken, sondern auch die Energieversorgung flexibler gestalten.
In Kombination mit Power-to-Heat-Systemen fungieren thermische Langzeitspeicher als Bindeglied zwischen dem Strommarkt und industriellen Wärmeanwendungen. Die Vorteile liegen in der hohen Speicherdichte, der Skalierbarkeit und der vergleichsweise niedrigen Investitions- und Betriebskosten.
Speicherzeiten und Effizienz
Wie lange ein Langzeitspeicher Energie halten kann, hängt stark vom gewählten Konzept ab. Thermische Speicher erreichen Speicherzeiten von mehreren Tagen bis zu mehreren Monaten – abhängig von Dämmung und Temperaturniveau. Wasserstoffbasierte Systeme können theoretisch über Jahre hinweg Energie speichern, solange keine nennenswerten Verluste durch Leckage oder Selbstentladung auftreten.
Bei Stromspeichern ist die Speicherdauer begrenzt: Batterien verlieren innerhalb weniger Tage ihre Ladung, während chemische Speicherformen längere Zeiträume überbrücken können. Die Effizienz ist dabei ein entscheidender Faktor. Während thermische Speicher Wirkungsgrade von über 90 Prozent erreichen, liegt der Rundtrip-Wirkungsgrad bei Power-to-Gas-to-Power-Prozessen oft unter 40 Prozent.
Langzeitspeicher: Kosten und Wirtschaftlichkeit
Die Kosten für Langzeitspeicher hängen stark von der gewählten Technologie, der Speichergröße und dem konkreten Anwendungsfall ab. Wird die gespeicherte Energie direkt als Wärme genutzt, sind thermische Speicher in der Regel deutlich kostengünstiger als elektrische Speicherlösungen. Der technische Aufbau ist vergleichsweise einfach, Materialkosten und Infrastrukturaufwand fallen geringer aus. Besonders bei hohen Temperaturniveaus und großen Speichervolumina zeigt sich ein klarer wirtschaftlicher Vorteil – nicht zuletzt, weil aufwändige Umwandlungsschritte wie bei strombasierten Systemen entfallen.
Wasserstoffbasierte Langzeitspeicher erfordern dagegen hohe Investitionen in Infrastruktur und Elektrolyseure. Auch die Betriebskosten sind durch den Energiebedarf für Umwandlung und Kompression vergleichsweise hoch. Ihre Wirtschaftlichkeit hängt stark von regulatorischen Rahmenbedingungen, Strompreisen und Nutzungsdauer ab.
Perspektiven für den Ausbau von Langzeitspeicherung
Langzeitspeicher sind ein wesentlicher Baustein der Energiewende. Ihr Ausbau ist nicht nur technisch, sondern auch politisch und wirtschaftlich relevant. Der Bedarf an saisonaler Speicherfähigkeit wird mit dem steigenden Anteil volatiler erneuerbarer Energien weiter zunehmen – sowohl im Strom- als auch im Wärmesektor.
Zugleich eröffnen neue Technologien und Geschäftsmodelle Chancen für den industriellen Einsatz. Besonders in Verbindung mit Photovoltaik- und Windstromanlagen können PV-Langzeitspeicher oder Hybridlösungen aus Strom- und Wärmespeichern helfen, Energie lokal zu nutzen und Netze zu entlasten.