Die Sekundärregelleistung (SRL), auf Englisch „Automatic Frequency Restoration Reserves“ (aFRR), ist ein wesentlicher Bestandteil der Netzfrequenzregelung im Stromnetz. Sie ergänzt die Primärregelleistung und spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Netzstabilität und Versorgungssicherheit.
Was ist Sekundärregelleistung?
Sekundärregelleistung, auch als Sekundärregelreserve bezeichnet, ist die Reaktion auf länger anhaltende Frequenzabweichungen im Stromnetz, die nicht durch die Primärregelleistung ausgeglichen werden können. Sie soll die Netzfrequenz innerhalb weniger Minuten stabilisieren und das Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch wiederherstellen. Die Sollfrequenz im europäischen Stromnetz beträgt 50 Hertz, und Abweichungen dieser Frequenz können zu Instabilitäten und potenziellen Stromausfällen führen.
Funktionsweise der Sekundärregelleistung
Die Aktivierung der Sekundärregelleistung erfolgt automatisch durch zentrale Leitstellen der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Diese Leitstellen überwachen kontinuierlich die Netzfrequenz und die Leistung der Kraftwerke. Bei einer anhaltenden Frequenzabweichung senden sie Signale an ausgewählte Kraftwerke, die dann ihre Leistungsabgabe entsprechend anpassen.
Die Reaktionszeit der Sekundärregelleistung liegt im Bereich von wenigen Minuten. Im Gegensatz zur Primärregelleistung, die sofort und automatisch auf Frequenzabweichungen reagiert, erfolgt die Bereitstellung der Sekundärregelleistung gezielter und über einen längeren Zeitraum. Diese Reserve wird in der Regel durch konventionelle Kraftwerke wie Gas-, Kohle- oder Wasserkraftwerke sowie zunehmend durch moderne Technologien wie Batteriespeicher und flexible Industrieanlagen bereitgestellt.
Bedeutung der Sekundärregelleistung
Die Sekundärregelleistung ist der zweite Schritt in der Hierarchie der Netzregelung und folgt der Primärregelleistung. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, länger anhaltende Frequenzabweichungen zu korrigieren, die nicht vollständig durch die Primärregelleistung kompensiert werden konnten. Dadurch trägt sie wesentlich zur Stabilität und Zuverlässigkeit des Stromnetzes bei.
Abgrenzung zu Primär- und Tertiärregelleistung
Abgesehen von der Sekundärregelleistung gibt es auch die Primär- und Tertiärregelleistung. Diese Regelleistungen unterscheiden sich in ihren Reaktionszeiten und Einsatzbereichen.
Primärregelleistung
Diese wird innerhalb von Sekunden aktiviert und dient der sofortigen Stabilisierung der Netzfrequenz bei kurzfristigen Schwankungen.
Tertiärregelleistung
Diese wird aktiviert, wenn sowohl Primär- als auch Sekundärregelleistung nicht ausreichen. Ihre Reaktionszeit beträgt bis zu 15 Minuten, um länger anhaltende Ungleichgewichte im Netz beheben zu können.
Bereitstellung und Vermarktung der Sekundärregelleistung
Die Bereitstellung von Sekundärregelleistung erfolgt über Ausschreibungen, die von den Übertragungsnetzbetreibern organisiert werden. Kraftwerksbetreiber bieten ihre Kapazitäten an, und die ÜNB wählen die günstigsten und zuverlässigsten Anbieter aus. Die Vergütung erfolgt über den Regelleistungsmarkt, wobei die Anbieter für die Bereitstellung und Aktivierung ihrer Leistung bezahlt werden.
Herausforderungen und Zukunft
Mit der verstärkten Einbindung erneuerbarer Energien in das Stromnetz sehen sich die Betreiber neuen Herausforderungen gegenüber. Wind- und Solarenergie sind aufgrund ihrer Volatilität schwer zu kontrollieren, was die Stabilität der Netzfrequenz beeinträchtigen kann. Um die Sekundärregelleistung auch in einem System mit hohem Anteil erneuerbarer Energien zu gewährleisten, werden zunehmend innovative Technologien und Konzepte wie Batteriespeicher und virtuelle Kraftwerke entwickelt.
Sekundärregelleistung ist für die Stabilität des Netzes unerlässlich und spielt eine wichtige Rolle bei der Frequenzregelung. Sie ermöglicht eine gezielte Reaktion auf länger anhaltende Frequenzabweichungen und sorgt damit dafür, die Energieversorgung stabil und zuverlässig zu halten. Mit dem Fortschreiten der Energiewende und dem Ausbau erneuerbarer Energien wird die Bedeutung innovativer Lösungen zur Bereitstellung von Sekundärregelleistung weiter zunehmen.