Strombörse

Inhalt

Eine Strombörse ist ein organisierter Handelsplatz für elektrische Energie. Hier treffen Stromanbieter und -nachfrager aufeinander, um standardisierte Stromprodukte zu festgelegten Zeiten und Regeln zu handeln. Ziel ist eine transparente, marktwirtschaftlich gesteuerte Preisbildung. Die gehandelten Strompreise sind ein zentraler Referenzwert für Energieversorger, Großverbraucher und Marktbeobachter.

Die wichtigsten Handelssegmente der Strombörse

Die Strombörse ist in mehrere Handelssegmente unterteilt. Jedes Segment erfüllt unterschiedliche Funktionen – von kurzfristiger Beschaffung bis zur langfristigen Preisabsicherung.

1. Spotmarkt – Stromhandel für die kurzfristige Lieferung

Der Spotmarkt ist das Marktsegment der Strombörse, auf dem Strom mit sehr kurzer Vorlaufzeit gehandelt wird. Er dient der kurzfristigen Beschaffung oder Vermarktung von Strom und bildet die Grundlage für die tägliche physische Stromlieferung. Die gehandelten Produkte beziehen sich auf einzelne Stunden oder Zeitblöcke des folgenden oder sogar desselben Tages. Die Preisbildung erfolgt dabei in engem zeitlichen Zusammenhang mit der tatsächlichen Stromerzeugung und dem Stromverbrauch – das macht den Spotmarkt besonders sensibel für kurzfristige Schwankungen, etwa durch Wetteränderungen oder Nachfragesteigerungen.

Aufgrund seiner zeitlichen Nähe zur physischen Lieferung gilt der Spotmarkt als wichtiger Indikator für die aktuelle Versorgungslage und beeinflusst auch andere Marktsegmente, etwa den Terminmarkt. Der Spotmarkt umfasst zwei Teilmärkte:

Day-Ahead-Markt

Im Day-Ahead-Markt handeln Marktteilnehmer Strom für jede Stunde des nächsten Tages. Die Gebote für Kauf und Verkauf müssen in der Regel am Vormittag des Vortags eingereicht werden. Aus diesen Geboten berechnet die Börse den stündlichen Strombörse Preis für den Folgetag. Diese Preise gelten als Referenz in vielen Stromlieferverträgen.

Intraday-Markt

Der Intraday-Markt erlaubt es, Strom bis kurz vor der tatsächlichen Lieferung zu handeln – oft bis zu fünf Minuten vorher. Dadurch können kurzfristige Änderungen im Strombedarf oder bei der Stromproduktion (z. B. durch Wetterumschwünge bei Wind- und Solarstrom) flexibel ausgeglichen werden.

2. Terminmarkt – Langfristige Preissicherung

Am Terminmarkt wird Strom nicht für den kurzfristigen Bedarf, sondern für künftige Lieferzeiträume gehandelt – zum Beispiel für einzelne Wochen, Monate, Quartale oder Jahre im Voraus. Die gehandelten Produkte sind standardisierte Finanzkontrakte (sogenannte Futures oder Forwards), bei denen sich Käufer und Verkäufer bereits heute auf einen bestimmten Strompreis und einen zukünftigen Lieferzeitraum festlegen.

Der Handel am Terminmarkt dient vor allem der Absicherung gegen Preisschwankungen an der Strombörse (Hedging). Energieversorger, Händler und Großverbraucher nutzen diese Möglichkeit, um ihre Einkaufspreise langfristig zu stabilisieren und sich gegen Risiken aus volatilen Spotmarktpreisen abzusichern.

Die an der Börse gehandelten Terminprodukte wirken zudem preisbildend für den gesamten Energiemarkt, da sie Erwartungen über die künftige Entwicklung von Angebot, Nachfrage und Rahmenbedingungen widerspiegeln.

EPEX SPOT und EEX

In Deutschland wird der organisierte Stromhandel im Wesentlichen von zwei spezialisierten Börsenplattformen abgewickelt: Sowohl die EEX als auch der deutsche Bereich der EPEX SPOT haben ihren operativen Sitz in Leipzig. Diese Stadt ist damit ein bedeutender Knotenpunkt für den europäischen Energiehandel.

Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich daher der Begriff „Leipziger Strombörse“ oder „Strombörse Leipzig“ etabliert – als Sammelbegriff für die in Leipzig gebündelten Handelsaktivitäten im Stromgroßhandel.

European Power Exchange (EPEX SPOT SE)

Die EPEX SPOT SE ist zuständig für den kurzfristigen Stromhandel, also den sogenannten Spotmarkt. Hier werden Strommengen gehandelt, die entweder am Folgetag (Day-Ahead-Markt) oder noch am selben Tag (Intraday-Markt) geliefert werden. Die EPEX SPOT betreibt diese Märkte nicht nur für Deutschland, sondern auch für mehrere weitere europäische Länder – darunter Frankreich, Österreich, die Schweiz, Belgien, die Niederlande und Luxemburg.

Obwohl die EPEX SPOT ihren rechtlichen Sitz in Paris hat, befindet sich der operative Bereich für das deutsche Marktgebiet in Leipzig. Die Organisation wurde im Jahr 2008 gegründet, indem die Spotmarktaktivitäten der EEX (für Deutschland, Österreich und die Schweiz) und der französischen Powernext zusammengelegt wurden. Heute ist die EPEX SPOT ein zentraler Bestandteil des europäischen Strommarkts und ermöglicht den grenzüberschreitenden Handel im Rahmen des sogenannten Market Coupling.

European Energy Exchange (EEX)

Die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig ist die zentrale Handelsplattform für den Terminmarkt im Stromsektor. An der EEX werden Stromlieferverträge mit langfristigem Horizont gehandelt – etwa für die kommenden Wochen, Monate oder Jahre. Dieser sogenannte Future-Handel dient in erster Linie der Preisabsicherung: Energieversorger, Großverbraucher und Händler nutzen ihn, um sich gegen künftige Preisschwankungen am Spotmarkt abzusichern.

Neben dem Stromhandel ist die EEX auch in anderen Energiemarktsegmenten aktiv – darunter der Handel mit Erdgas, CO₂-Emissionszertifikaten sowie Herkunftsnachweisen für erneuerbare Energien. Dadurch trägt sie nicht nur zur europaweiten Energieversorgungssicherheit bei, sondern übernimmt auch eine zentrale Rolle im Rahmen der Klimaschutz- und Dekarbonisierungsstrategien der EU.

Wie entstehen Preise an der Strombörse?

Die Preise an der Strombörse – sowohl am Spotmarkt als auch am Terminmarkt – entstehen durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Auf der Angebotsseite stehen konventionelle und erneuerbare Stromerzeuger, auf der Nachfrageseite Energieversorger, Stromhändler und Großverbraucher aus Industrie und Gewerbe.

Insbesondere im Spotmarkt wird der Preis durch den sogenannten Merit-Order-Mechanismus bestimmt: Dabei werden die angebotenen Strommengen nach ihren Grenzkosten geordnet. Zuerst werden die günstigsten Erzeugungsquellen (z. B. Wind- und Solarstrom mit nahezu null Grenzkosten) berücksichtigt. Nach und nach kommen teurere Kraftwerke hinzu, bis der Strombedarf vollständig gedeckt ist. Der Preis des letzten noch benötigten Kraftwerks bestimmt den Markträumungspreis – also den Börsenpreis für die jeweilige Stunde oder Zeitspanne.

Viele Faktoren beeinflussen, welche Kraftwerke zum Zug kommen und wie hoch der Börsenpreis ausfällt. Dazu zählen unter anderem:

  • die Einspeisung erneuerbarer Energien (z.  Wind und Photovoltaik)
  • das aktuelle Stromverbrauchsniveau (Last) in Industrie, Gewerbe und Haushalten
  • Witterungsbedingungen und Temperaturen
  • die Preise für Brennstoffe (z.  Erdgas, Kohle) sowie CO₂-Zertifikate
  • die Verfügbarkeit von Netzkapazitäten und mögliche Netzengpässe

Diese Faktoren führen dazu, dass sich Strombörsenpreise auch innerhalb eines Tages stark verändern können – insbesondere bei hoher Einspeisung volatiler Energiequellen oder bei kurzfristigen Laständerungen.

Entwicklung der Strompreise an der Börse

Die Preise an der Strombörse unterliegen seit der Liberalisierung des Strommarkts in den 1990er-Jahren deutlich stärkeren Schwankungen. Während die Preisbildung früher überwiegend durch die Kosten konventioneller Kraftwerke geprägt war, bestimmen heute vermehrt kurzfristige Faktoren das Preisniveau – insbesondere die volatilen Einspeisemengen aus erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarstrom.

Diese Dynamik führt zu neuen Phänomenen im Stromhandel, etwa:

  • Negative Strompreise, wenn durch hohe Einspeisung aus Erneuerbaren und geringe Nachfrage ein Überangebot entsteht – etwa an sonnigen, windreichen Feiertagen.
  • Höchstpreise, wenn das Angebot knapp ist und teure Spitzenlastkraftwerke benötigt werden – etwa bei Dunkelflauten oder Lastspitzen.
  • Preisunterschiede zwischen Spotmarkt und Terminmarkt, die häufig auf abweichende Erwartungen hinsichtlich künftiger Marktentwicklungen, Wetterlagen oder politischer Rahmenbedingungen zurückzuführen sind.

Solche Preisschwankungen an der Strombörse sind heute ein zentrales Merkmal liberalisierter Strommärkte und spiegeln die wachsende Komplexität von Angebot, Nachfrage und Regulierung wider.

Warum ist die Strombörse wichtig?

Die Strombörse erfüllt mehrere zentrale Aufgaben im Stromsystem:

  1. Transparente Preisbildung: Durch Angebot und Nachfrage bildet sich ein marktwirtschaftlich fairer Strompreis.
  2. Effizienz: Die günstigsten Anbieter erhalten den Zuschlag, was die Gesamtkosten der Stromversorgung senkt.
  3. Marktzugang: Viele Marktteilnehmer – auch kleinere Anbieter – können teilnehmen.
  4. Risikomanagement: Der Terminmarkt bietet Möglichkeiten zur finanziellen Absicherung gegen zukünftige Preisschwankungen.
  5. Versorgungssicherheit: Der kurzfristige Handel am Spotmarkt ermöglicht es, auf Nachfragespitzen oder Produktionsausfälle flexibel zu reagieren.

Zukunftsperspektiven: Wandel im Strommarkt und die Rolle der Strombörsen

Mit dem fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Energien, der Elektrifizierung neuer Sektoren (z. B. Mobilität und Wärme) und der zunehmenden Dezentralisierung der Stromerzeugung wird sich der Strommarkt in den kommenden Jahren tiefgreifend verändern. Diese Dynamik stellt auch neue Anforderungen an die Strombörsen. Es wird erwartet, dass der kurzfristige Handel – insbesondere im Intraday-Bereich – weiter an Bedeutung gewinnt, da die Einspeisung aus wetterabhängigen Quellen wie Wind und Sonne kurzfristig schwankt.

Zugleich entstehen neue flexible Verbraucherstrukturen, die gezielt auf Börsenpreissignale reagieren können – etwa Betreiber von Batteriespeichern, Power-to-Heat-Anlagen mit Wärmespeichern, intelligenten Verbrauchssteuerungen oder Prosumer-Haushalten.

Die Strombörsen werden somit auch künftig eine zentrale Rolle spielen: als Plattformen für Flexibilität, als Taktgeber für Preissignale und als Bindeglied in einem zunehmend vernetzten, europäischen Strommarkt.

Hinweis: ENERGYNEST übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Beratung.

Wir finden für jeden Energiebedarf die passende innovative Lösung, um Energie zu speichern und wiederzuverwenden – hier und jetzt.

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