Lieber Herr Berdasco Balbuena, gravierende Preisanstiege und Lieferengpässe erschweren aktuell für viele Unternehmen den Einkauf von Rohstoffen: Welche Materialien werden zur Herstellung der ThermalBattery™ benötigt? Gibt es hier besondere Herausforderungen bei der Beschaffung?
Das Design unserer ThermalBattery™ basiert im Grunde genommen auf zwei Hauptkomponenten. Die erste ist die sogenannte Stahlkassette, die den Wärmetauscher für die ThermalBattery™ bildet. Die zweite Komponente ist HEATCRETE®, ein speziell entwickelter Beton von unserem Partner Heidelberg Materials. Im Vergleich zu herkömmlichem Baubeton zeichnet sich HEATCRETE® durch seine optimierten thermischen Eigenschaften aus, insbesondere eine verbesserte Wärmespeicherkapazität.
Einfach ausgedrückt besteht unsere ThermalBattery™ also aus Stahl und Beton. Da diese Rohstoffe nahezu überall verfügbar sind, wird eine lokale Produktion in der Nähe unserer Kunden ermöglicht und somit Engpässe in der Lieferkette vermieden.
Können Sie uns diesen Herstellungsprozess der ThermalBattery™ genauer erläutern?
Die Produktion unserer ThermalBattery™ beginnt mit der Fertigung der Stahlkassetten, die nach unseren Vorgaben und Inhouse-Design gebaut werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Schweißarbeiten sowie die Herstellung der Rohrleitungen. Am Ende des Prozesses werden verschiedene Tests durchgeführt, wie beispielsweise eine Hauptdruckprobe, um mögliche Leckagen auszuschließen.
Parallel dazu wird das HEATCRETE® von Heidelberg Materials in Deutschland produziert. Beide Komponenten – Stahlkassetten und Beton – werden anschließend nach Rotterdam transportiert. Dort befindet sich unser Hauptproduktionshub direkt am Hafen, wo die ThermalBattery™ in Zusammenarbeit mit Mebin, der niederländischen Tochterfirma von Heidelberg Materials, gefertigt wird.
Im sogenannten Casting-Prozess werden die Stahlkassetten mithilfe von Kränen senkrecht aufgestellt und mit HEATCRETE® befüllt. Anschließend verbleiben die Module etwa eine Woche in aufrechter Position, damit der HEATCRETE® aushärten und sich setzen kann. Nach diesem Schritt sind die ThermalBattery™-Module bereit für die Auslieferung an unsere Kunden.
Wie ist die Vorlaufzeit für eine ThermalBattery™ von der Bestellung bis zur Lieferung an den Kunden, insbesondere angesichts der verschiedenen Produktions- und Transportprozesse?
Der gesamte Prozess kann für einen kleineren Auftrag von etwa 20 MWh zwischen fünf und sechs Monate in Anspruch nehmen. Die Lieferzeit hängt maßgeblich von der Herstellung der Stahlkassetten ab, da hierbei viele manuelle Arbeiten wie Schweißarbeiten erforderlich sind. Aus diesem Grund arbeiten wir eng mit unserem Hauptlieferanten daran, diese Prozesse zu automatisieren – beispielsweise durch den Einsatz von Schweißrobotern. Dies ist besonders im Hinblick auf eine mögliche Skalierung der Produktion von großer Bedeutung.
Ein weiterer kritischer Schritt ist das Casting in Rotterdam. Obwohl dieser Prozess in der Regel weniger zeitaufwendig ist, spielt er eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung der notwendigen thermischen Eigenschaften von HEATCRETE®. Um die Qualität zu gewährleisten, werden verschiedene Tests durchgeführt. Der gesamte Ablauf wird vor Ort von qualifiziertem Personal von ENERGYNEST und Heidelberg Materials sorgfältig überwacht.
Beim Kunden angekommen: Wie sieht die Montage der ThermalBattery™ vor Ort aus?
Die Montage der ThermalBattery™ vor Ort auf der Baustelle verläuft in der Regel problemlos. Nach der Fertigstellung werden die Module zur Baustelle transportiert und dort auf einem vorbereiteten Fundament in einer Höhe von vier bis fünf Modulen aufgestellt. Anschließend erfolgt die Verbindung der Module durch Rohrleitungen, und es werden verschiedene Instrumente, wie beispielsweise Temperatursensoren, installiert. Zum Abschluss werden die Module mit Dämmmaterial isoliert.
Die gesamte Montagephase dauert bei einem kleineren Auftrag in der Regel zwei bis drei Monate. Die Arbeiten werden von örtlichen Montagefirmen durchgeführt, die mit den lokalen Baustandards bestens vertraut sind. Die Montage wird dabei von ENERGYNEST-Mitarbeitenden vor Ort überwacht, um höchste Qualität sicherzustellen.
Angesichts strengerer Emissionsvorgaben und ambitionierter Klimaziele gewinnt Nachhaltigkeit in der Supply Chain zunehmend an Bedeutung. Wie wird dies in der Lieferkette der ThermalBattery™ konkret umgesetzt?
Zusammen mit unserem Hauptinvestor Infracapital setzen wir uns intensiv für das Thema Nachhaltigkeit ein – nicht nur als übergeordnete Mission unseres Unternehmens, sondern auch ganz konkret entlang der gesamten Lieferkette. Dafür erhalten wir quartalsweise Berichte von unseren Hauptlieferanten, die an der Herstellung unserer ThermalBattery™ beteiligt sind, und entwickeln gemeinsam Maßnahmen, um CO2-Emissionen zu reduzieren.
Ein Beispiel hierfür ist Heidelberg Materials, ein Partner, der sich das Ziel gesetzt hat, bis 2030 klimaneutral zu werden. Dafür forschen sie unter anderem intensiv an alternativen Bindemitteln für die Zementproduktion. Ein weiteres Beispiel ist die Fertigung unserer Stahlkassetten: Hier verfolgen wir das Ziel, vermehrt grünen Stahl zu verwenden – Stahl, der mit elektrischen Öfen anstelle von traditionellen Hochöfen produziert wird. Grüner Stahl ist aktuell zwar noch teurer als konventioneller Stahl, aber wir arbeiten hier eng zusammen mit unserem Hauptlieferanten, um die Kosten langfristig zu senken.
Die Pandemie sowie geopolitische Krisen haben gezeigt, wie anfällig Lieferketten für Störungen von außen sind. Welche Schritte wurden unternommen, um die Resilienz Ihrer Supply Chain zu stärken?
Die globale Logistik ist seit dem Ausbruch von Covid deutlich anspruchsvoller geworden, da es in den Lieferketten viele potenzielle Engpässe gibt. Deshalb legen wir großen Wert darauf, unsere ThermalBattery™ so nah wie möglich bei unseren Kunden zu produzieren, um unabhängiger zu werden. Dieses Konzept nennt sich Nearshoring.
Positive Erfahrungen haben wir damit bereits im Rahmen eines Großprojekts in Spanien gesammelt. Hier wurde HEATCRETE® vor Ort auf Basis von lokalen Betonaggregaten sowie in enger Zusammenarbeit mit Heidelberg Materials für die Anpassung ihrer Hauptkomponenten hergestellt. Ebenso erfolgreich war die Kooperation mit lokalen Partnern, sei es bei der Fertigung der Stahlkassetten oder beim Betrieb der notwendigen Betonanlagen für das Casting. Durch die lokale Produktion vor Ort können wir auf die sogenannte „last mile“ verzichten, was nicht nur mögliche Lieferengpässe reduziert, sondern auch erhebliche Kosteneinsparungen ermöglicht.
Ein weiterer zentraler Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Diversifizierung unseres Lieferantenportfolios, um Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten (single sourcing) zu vermeiden. Dadurch können wir mögliche Ausfälle besser kompensieren und die Stabilität unserer Lieferketten sichern. In diesem Zusammenhang ist es uns bereits gelungen, unser Lieferantenportfolio in unseren Zielmärkten in Europa deutlich auszubauen, insbesondere in Deutschland und Spanien. In diesen Ländern befindet sich auch unsere Pipeline für die wichtigsten Komponenten, wie HEATCRETE®, elektrische Heizsysteme (E-Heizer) und Thermalölanlagen.
Zum Abschluss: Welche Zukunftspläne gibt es für die Weiterentwicklung der Supply Chain Ihrer ThermalBattery™? Haben Sie konkrete Maßnahmen geplant?
Wir haben uns für die kommenden Jahre bis 2030 ehrgeizige Ziele gesetzt. Anfang 2023 haben wir unsere Cost-down-Strategie gestartet, um die Gesamtkosten unserer ThermalBattery™-Lösungen nachhaltig zu senken. Dazu setzen wir auf verschiedene Maßnahmen, wie die Entwicklung effizienterer Designs, die Zusammenarbeit mit neuen Lieferanten und die Förderung lokaler Produktionsstätten. Die ersten Schritte dieser Strategie haben sich bereits als erfolgreich erwiesen, und wir erwarten bis 2030 eine jährliche Kostenreduktion von durchschnittlich fünf Prozent.
Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Skalierungspläne ist die Massenproduktion. Um dies zu realisieren, bereiten wir unsere Lieferkette gezielt darauf vor. Insbesondere durch die strategische Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten bei der Fertigung der Stahlkassetten schaffen wir die Voraussetzungen, in den kommenden Jahren Großprojekte auf Basis von Serienproduktion umzusetzen. Die Einführung der Serienproduktion geht Hand in Hand mit einer optimierten Vorratshaltung. Das bedeutet, dass wir einen Puffer in unserer Lieferkette schaffen, wodurch wir in der Lage sind, große Projekte schneller und effizienter liefern zu können.
Das dritte wichtige Thema ist selbstverständlich Nachhaltigkeit, die bei ENERGYNEST eine große Rolle spielt und in den nächsten Jahren noch wichtiger werden wird. Insbesondere bei der Auswahl von Lieferanten werden wir nicht nur Preis, Qualität und Lieferzeit berücksichtigen, sondern auch, wie nachhaltig ihre Produktionsprozesse sind und ob sie beispielsweise mit grünem Stahl arbeiten.
Herzlichen Dank für das Gespräch!