Reform der Netzentgelte: Unternehmen müssen Energieverbrauch flexibilisieren, um Kosten zu reduzieren

Stromleitungen, finanziert durch Netzentgelte für Betrieb und Wartung des Stromnetzes

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Der Anteil der Erneuerbaren am Strommix nimmt stetig zu. Was für das Gelingen der Energiewende eine äußerst positive Nachricht ist, führt allerdings auch zu einem Anstieg der Netzentgelte – insbesondere in Regionen mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien. Um die Mehrkosten für die Investitionen in neue Infrastruktur wie Stromleitungen und Umspannwerke gerechter zu verteilen, wurde eine Reform der Netzentgelte beschlossen, die zum 1. Januar 2025 in Kraft getreten ist. Vor allem Verbraucher im Norden und Osten können auf sinkende Strompreise hoffen.

 

Das von der Bundesnetzagentur vorgelegte Eckpunktpapier zur Weiterentwicklung der Netzentgelte für Industriekunden stellt Unternehmen hingegen vor neue Herausforderungen. Das Eckpunktepapier ist Teil eines Festlegungsverfahrens, wobei die Branche bis zum 18. September 2024 die Möglichkeit hatte, Rückmeldungen dazu abzugeben. Bislang ist geplant, dass die neuen Regelungen zum 1. Januar 2026 in Kraft treten sollen.

 

Die vorgeschlagene Reformierung der bisherigen Regelungen bedeutet für energieintensive Betriebe konkret: Sie stehen unter enormen Kostendruck und müssen ihren Energieverbrauch flexibilisieren. Gleichzeitig bieten die geplanten Änderungen auch große Chancen: Gelingt es Unternehmen ihren Verbrauch auf Zeiten mit hoher Stromerzeugung und geringer Netzbelastung zu verlagern, können sie von niedrigeren Netzentgelten und günstigen Strompreisen profitieren. Erfahren Sie, was Unternehmen schon jetzt tun sollten – und wie thermische Energiespeicher auf dem Weg zu einem flexiblen Energieverbrauch unterstützen können.

Netzentgelte kurz erklärt

Netzentgelte sind Gebühren, die für die Nutzung der Stromnetze erhoben werden und einen wesentlichen Bestandteil der Stromkosten ausmachen. Sie finanzieren Betrieb, Wartung und Ausbau der Strominfrastruktur. Die Höhe der Netzentgelte hängt von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise der Region, der Netzspannungsebene oder dem Verbrauchsverhalten ab. Private Haushalte zahlen in der Regel feste Netzentgelte, während Unternehmen bei konstantem Verbrauch oft von reduzierten Tarifen profitieren können.

Netzentgeltreform 2025

Die aktuelle Netzentgeltreform in Deutschland zielt darauf ab, die Kosten für den Betrieb und Ausbau der Stromnetze gerechter als bislang zu verteilen. Bis dato mussten Regionen mit einem hohen Anteil an erneuerbarer Energieerzeugung, wie der Norden und Osten Deutschlands, unverhältnismäßig höhere Netzentgelte zahlen, da der Ausbau und die Integration dieser Energiequellen zusätzliche Kosten verursachen. Diese Mehrkosten wurden bisher hauptsächlich von den lokalen Stromverbrauchern getragen.

 

Seit Beginn 2025 gilt ein neues Verteilungsmodell, das diese Mehrkosten bundesweit auf alle Stromverbraucher umlegt. Dadurch werden Regionen mit intensivem Ausbau erneuerbarer Energien entlastet, während in anderen Gebieten die Netzentgelte leicht ansteigen können. Die Bundesnetzagentur hat festgelegt, dass Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch die Integration erneuerbarer Energien einen finanziellen Ausgleich erhalten. Diese Kosten werden über einen bundesweit einheitlichen Aufschlag auf den Stromverbrauch erhoben.

 

Ziel der Reform ist es, die Akzeptanz der Energiewende zu erhöhen, indem sie die finanziellen Lasten fairer verteilt und somit die Bedeutung der Energiewende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe unterstreicht.

Reform der Netzentgelte: Was ändert sich für Unternehmen?

Von der beschlossenen Reform sind vorrangig private Haushalte und Verbraucher betroffen. Die Bundesnetzagentur plant aber auch eine Weiterentwicklung der bisherigen Regelungen für Industriekunden. „Die alten Netzentgeltrabatte entsprechen nicht mehr den Anforderungen eines Stromsystems, das von hohen Anteilen erneuerbarer Stromerzeugung geprägt ist. Wir wollen zukünftig systemdienliches Verbrauchsverhalten der Industrie besonders anreizen. Industrie und Gewerbe sollen reduzierte Netzentgelte zahlen, wenn sie in Situationen mit hohem Stromangebot mehr Strom verbrauchen. Andersherum erhalten sie auch dann eine Reduktion der Netzentgelte, wenn sie in Zeiten eines knappen Stromangebots weniger Strom verbrauchen“, so Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Das soll sich konkret für Industriekunden ändern:

Abschaffung bisheriger Privilegien

Traditionell profitierten energieintensive Betriebe von reduzierten Netzentgelten, insbesondere durch das sogenannte Bandlastprivileg, das einen konstanten Stromverbrauch belohnt. Dieses Privileg gewährte Unternehmen, die eine gleichmäßige Stromabnahme sicherstellen konnten, deutliche finanzielle Vorteile, da sie Netzschwankungen minimierten und damit zur Stabilität beitrugen. Hier sind Einsparungen von bis zu 90 Prozent möglich, was insbesondere für energieintensive Industrien ein wichtiger Standortvorteil war. Diese Regelungen sollen jedoch überarbeitet werden, da in einem Energiesystem mit einem hohen Anteil volatiler erneuerbarer Energien nicht mehr die gleichmäßige Abnahme, sondern die flexible Anpassung des Verbrauchs an das Stromangebot entscheidend ist. Dies stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen, bietet aber auch Potenziale für innovative Ansätze im Energiemanagement.

Anreiz für flexibles Verbrauchsverhalten

Zukünftig sollen Unternehmen durch dynamische Netzentgelte motiviert werden, ihren Stromverbrauch an die aktuelle Erzeugungssituation anzupassen. Das bedeutet, dass Betriebe in Zeiten hohen Stromangebots (niedrige Preise) ihren Verbrauch erhöhen und bei knappem Angebot (hohe Preise) reduzieren sollten, um von reduzierten Netzentgelten zu profitieren.

Übergangsfristen und regionale Ausnahmen

Um den Unternehmen Zeit zur Anpassung zu geben, sind Übergangsfristen vorgesehen. Zudem könnten in Regionen mit geringer dezentraler Einspeisung aus erneuerbaren Energien Ausnahmen gelten, bis der Netzausbau einen Stand erreicht hat, der eine bundesweite Anwendung der neuen Regelungen ermöglicht.

Checkliste für Unternehmen: Was Sie jetzt tun sollten

Mit der geplanten Netzentgeltreform und den steigenden Anforderungen durch die Energiewende wird es für Unternehmen immer wichtiger, ihren Stromverbrauch flexibel zu gestalten. Durch folgende Maßnahmen können Betriebe von niedrigen Strompreisen und reduzierten Netzentgelten profitieren:

 

Verbrauchszeiten analysieren und anpassen

Unternehmen sollten ihre Energieverbrauchsmuster detailliert analysieren und Zeiten mit hohen Strompreisen identifizieren. Flexible Produktionsprozesse oder das Verschieben energieintensiver Tätigkeiten auf Stunden mit geringer Netzbelastung können erhebliche Einsparungen ermöglichen.

 

Integration von Energiespeichern in Produktionsprozesse

Der Einsatz von thermischen Energiespeichern erlaubt es, günstig eingekauften Strom zwischenzuspeichern und bei Bedarf als Prozesswärme oder Dampf zu nutzen. So können Lastspitzen vermieden und der Verbrauch optimal an Zeiten niedriger Strompreise angepasst werden.

 

Integration von erneuerbarer Eigenstromerzeugung

Die Installation von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen reduziert die Abhängigkeit vom Netz. Überschüssiger Eigenstrom kann gespeichert und auf Abruf in Zeiten mit hohem Verbrauch genutzt werden.

 

Nutzung von Demand Side Management (DSM)

Durch die Einführung eines DSM-Systems können Unternehmen ihre Energieabnahme gezielt steuern. Intelligente Systeme überwachen dabei die Netzsituation und regulieren den Stromverbrauch automatisch, um von Preisschwankungen am Markt zu profitieren.

 

Förderprogramme nutzen

Verschiedene staatliche Förderungen und Zuschüsse unterstützen Unternehmen bei Investitionen in Speichertechnologien, Eigenstromerzeugung oder digitale Energiemanagementsysteme. Diese Programme können helfen, die Einstiegskosten in eine flexible Energieversorgung zu senken.

Integration thermischer Energiespeicher zur Flexibilisierung des Stromverbrauchs

Die Flexibilisierung des Stromverbrauchs stellt insbesondere für energieintensive Industrien wie etwa die Chemie-, Papier- und Lebensmittelbranche eine Herausforderung dar. Viele Produktionsprozesse sind auf einen kontinuierlichen Energiefluss angewiesen, sodass eine Anpassung an variable Stromangebote technisch und wirtschaftlich schwierig sein kann.

 

Die Integration thermischer Energiespeicher bietet hier eine vielversprechende Lösung. Diese Speicher ermöglichen es, überschüssige Energie aus Zeiten niedriger Strompreise in Form von Wärme zu speichern und bei Bedarf in Produktionsprozessen einzusetzen. So können Unternehmen flexibel auf Schwankungen im Stromangebot reagieren und von niedrigeren Strompreisen und einer Reduzierung ihrer Netzentgelte profitieren.

Neuigkeiten

Die Papierindustrie steht trotz ihrer hohen Recyclingquote vor großen Herausforderungen, insbesondere beim energieintensiven Produktionsprozess. Thermische Energiespeicher können hier eine zentrale Rolle spielen, indem sie erneuerbare Energien effizient nutzbar machen und die Umsetzung nachhaltiger Produktionsmethoden unterstützen.

ENERGYNEST gibt die Ernennung von Alex Robertson zum neuen Chief Executive Officer bekannt, der ab dem 1. Februar 2025 die nächste Wachstumsphase des Unternehmens vorantreiben wird.

Der steigende Anteil erneuerbarer Energien am Strommix bringt nicht nur Fortschritte für die Energiewende, sondern auch wachsende Herausforderungen durch höhere Netzentgelte. Lesen Sie, wie Unternehmen jetzt handeln sollten, um ihre Energiekosten zu senken und gestärkt in die Zukunft zu gehen.