Interview mit Dr. Nils Høivik, VP Technology & Research bei ENERGYNEST

Dr. Nils Høivik, VP Technology & Research bei ENERGYNEST

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Lieber Dr. Høivik, wenn wir uns die Dekarbonisierungsinitiativen der europäischen Industrie ansehen, wird die thermische Speicherung immer relevanter. Wo sehen Sie die größten Vorteile – insbesondere im Hinblick auf die Elektrifizierung von Industrieprozessen?

Generell sehen wir, dass die Industrie mittlerweile ein großes Interesse an Dekarbonisierungsmaßnahmen hat. Meiner Meinung nach liegt das nicht nur daran, dass die Unternehmen sich wettbewerbstechnisch von anderen abheben wollen, sondern auch daran, dass sie eine sprichwörtlich „grünere Visitenkarte“ anstreben. Wir sehen auch, dass die Regierung die Gesetzgebung entsprechend anpasst und der Industrie konkrete Vorgaben macht sowie rechtliche Anforderungen stellt.

 

Fakt ist: Grüne Alternativen werden für viele industrielle Akteure attraktiv. Denn es gibt mittlerweile eine Vielzahl spannender Lösungen – es ist ein riesiger Markt. Wir sehen, dass es in puncto Dekarbonisierung einen großen Unterschied macht, wenn Unternehmen beginnen, ihre vormals fossilen Prozesse zu elektrifizieren und mehr erneuerbare Energien zu nutzen. Hier sind thermische Energiespeicher ein wichtiges Werkzeug, die auch in Kombination mit regenerativen Erzeugern wie Wind-, Photovoltaik- und Solaranlagen zum Einsatz kommen.

 

Wir beobachten in diesem Kontext, dass immer mehr Industriebetriebe in die Installation neuer Energiequellen investieren – sei es die PV-Anlage auf dem Fabrikdach oder eigene Windkraftanlagen. Der nächste logische Schritt, um eine solche Investition voll auszuschöpfen, ist die Kombination mit Wärmespeichern oder Speicheranlagen im Allgemeinen. Dies geschieht bereits bei unseren Partnern Avery Dennison und Yara – zwei Unternehmen, die erfolgreich ThermalBattery™-Systeme zur Dekarbonisierung ihrer Produktionsanlagen durch die Kombination von thermischer Speicherung mit Solarenergie oder zur Nutzung von überschüssigem Dampf eingesetzt haben. In den thermischen Speichern – in diesem Fall unserer ThermalBattery™ – wird Energie gespeichert und bei Bedarf wieder abgegeben. Viele Prozesse können so bereits elektrifiziert und zu einem hohen Maße flexibilisiert werden.

Mit der ThermalBattery™ bietet ENERGYNEST eine marktreife Technologie, die die Vorteile der thermischen Energiespeicherung mit einer vergleichsweise einfachen Installation verbindet. Wie funktioniert diese Batterielösung? Können Sie uns etwas über den Aufbau erzählen?

Die ThermalBattery™ besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten. Das sind zum einen die Thermobatteriemodule, in denen die Energie gespeichert wird. Hier kommt HEATCRETE® zum Einsatz – ein Spezialbeton, der für die Speicherung von Hochtemperaturwärme geeignet ist und in Zusammenarbeit mit Heidelberg Materials entwickelt wurde. Die zweite Komponente ist die Wärmeträgerflüssigkeit wie Dampf oder Thermalöl. Diese fließt beim Aufladen der ThermalBattery™ durch die eingebetteten Stahlrohre und überträgt dabei die Wärmeenergie auf das HEATCRETE®, das Kernspeichermaterial.

 

Verbraucher und Wärmequelle sind die dritte Komponente unseres Wärmespeichers. Bei der Wärmequelle kann es sich um überschüssigen Dampf handeln, der direkt aus dem angeschlossenen Dampfnetz bezogen wird. Dies ist beispielsweise bei unserem Projekt mit Yara Porsgrunn der Fall. Bei der Entladung der ThermalBattery™ wird Dampf direkt an den Verbraucher, die Produktionsanlage, geliefert. Es handelt sich um ein in sich geschlossenes System ohne externe Energiequelle.

 

Auch Solarenergie kommt als Wärmequelle in Frage. Hierbei wird Thermalöl mithilfe von CST-Anlagen erhitzt, um Dampf für die Anlage zu erzeugen. Überschüssige Energie aus der CST-Anlage wird in der ThermalBattery™ gespeichert. Bei der Entladung fließt das Thermalöl in umgekehrter Richtung durch die Batterie, wobei es sich erhitzt und so wiederum zur Dampfproduktion genutzt werden kann, wenn keine Solarenergie zur Verfügung steht.

Wir sprechen hier von verschiedenen Komponenten, die entscheidend für das Funktionieren des Wärmespeichers sind: Müssen sich die Kunden auf hohe Wartungskosten einstellen? Wie lange kann die ThermalBattery™ voraussichtlich betrieben werden?

Ein großer Pluspunkt unserer Technologie ist, dass sie an sich wartungsfrei ist. Im Inneren der ThermalBattery™-Module befinden sich die Thermoelemente, die aus HEATCRETE® mit einem eingegossenen Stahlrohr bestehen. Der Spezialbeton stellt ein solides Material mit einer sehr langen Lebensdauer dar, die bei 30 Jahren und mehr liegt. Die exakte Lebensdauer hängt auch von dem verwendeten Wärmeträgermedium ab. Etwaige Wartungsbedarfe fallen in erster Linie an den anderen externen Komponenten außerhalb der ThermalBattery™ an, wie etwa an den Ventilen oder der Elektronik.

Wie kann die ThermalBattery™ möglichst einfach in bestehende Kundenprozesse integriert werden? Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die vom Kunden erfüllt werden müssen?

Heute gibt es zwei Technologien beziehungsweise zwei Lösungen: Die ThermalBattery™ kann direkt in das Dampfnetz der Anlage eingebunden werden. Sie fängt Hochdruckdampf auf, speichert die thermische Energie und gibt diese bei Bedarf anschließend in Form von Niederdruckdampf wieder an das Dampfnetz ab.

 

Wird die ThermalBattery™ zur Elektrifizierung eingesetzt, kann das System eine eigenständige Einheit darstellen. Energie, etwa aus erneuerbaren Quellen, wird in Strom umgewandelt, in Form von Wärme gespeichert und anschließend als Wärme wieder an die Dampferzeugung oder den Wärmekreislauf der Anlage abgeben. In welcher Form die ThermalBattery™ integriert wird, hängt individuell von der Zielsetzung und den Gegebenheiten der Kunden ab, die wir im Vorfeld selbstverständlich besprechen.

Bei modernen Technologien und Verfahren, die auf erneuerbaren Energien basieren, ist die Effizienz ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, den Erfolg einer Lösung zu messen. Wie schneidet die ThermalBattery™ in diesem Zusammenhang ab?

Der thermische Wirkungsgrad ist sehr hoch. In Bezug auf die Energie und Wärmekraftmaschine liegt er normalerweise bei 98 Prozent. Über einen Zeitraum von 24 Stunden gibt es naturgemäß kleinere Wärmeverluste, die davon abhängen, wie stark die ThermalBattery™-Module isoliert sind. Insgesamt ist das System sehr effizient.

Wie lange kann die ThermalBattery™ die Energie maximal speichern?

Theoretisch können es 24 Stunden oder auch mehrere Tage sein. Am wirtschaftlichsten ist allerdings ein System, das recht häufig Energie abgibt. Die Investition zahlt sich erst aus, wenn man Energie aus dem System entnimmt. Wir sehen also, dass ein täglicher Zyklus oder mehrere Zyklen pro Tag optimal sind, wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Vorteile eines solchen Systems zu erzielen. Bei Bedarf kann die Energie jedoch auch mehrere Tage lang gespeichert werden. Generell gilt: Je länger die Energie gespeichert werden soll, desto mehr Isolierung muss angebracht werden. Ein System, das in der Anlage mit schnellen Zyklen betrieben wird, sagen wir zwei- bis dreimal am Tag, kann man mit geeigneter Isolierung optimieren und so auslegen, dass bei Bedarf mehr Energie zur Verfügung steht. Es ist also sehr flexibel.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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